Sokoor-Projekt zur barrierefreien Kommunikation der Josefsheim gGmbH läuft offiziell aus, jetzt gilt es, weiter am Ball zu bleiben
Statt anklopfen und fragen – warum nicht ein Symbol am Zimmer, das die Anwesenheit zeigt? Einen neuen Pass beantragen – warum nicht einfache Erklär-Symbole dazu? Ideen wie diese und vieles mehr wurden im Projekt „Im Sozialraum kommunikativ und orientiert dabei“, kurz Sokoor, entwickelt und umgesetzt. Nach mehr als drei Jahren läuft das Projekt nun aus, aber es soll nicht Schluss damit sein. Unterstützte Kommunikation ist und bleibt eines der wichtigsten Themen in puncto Teilhabe. „Gerade Barrierefreiheit im sprachlichen Bereich muss weiterhin in der Fläche, also im Sozialraum, etabliert werden“ sagt Janine Rottler, pädagogische Geschäftsführerin der Josefsheim gGmbH. Mit „Sokoor“, das von der Aktion Mensch gefördert wurde, wurde seit 2018 ein großer Schritt Richtung wirklicher Teilhabe gemacht. Gerade wird der Abschlussbericht geschrieben und wichtigstes Stichwort ist nun die nachhaltige Wirkung.
Sprache kann leicht sein – zum Beispiel durch Piktogramme
Die Expertin Leonie Köpp, Stabsstelle Rehabilitation und Teilhabe, leitete das dreiköpfige Team von geschulten Beraterinnen zur „Unterstützten Kommunikation“. Sie bleibt gemeinsam mit Lara Frese und Ulrike Düppe im Josefheim auch künftig Ansprechpartnerin, wenn es darum geht, Dinge leichter darzustellen und Barrieren auch in der Sprache abzuschaffen bzw. erst gar nicht aufkommen zu lassen. Diesen Sommer hatte sie ein Schlüsselerlebnis außerhalb des Josefsheimes: „Ich war im Schwimmbad und habe erlebt, dass eine Ukrainerin mit ihrem kleinen Kind auf dem Arm vom Nichtschwimmer- im Schwimmer-Bereich landete. Das Seil als Absperrung war in seinem sprachlichen Ausdruck nicht deutlich genug. Es braucht mehr Signale, um diese Botschaft zu entschlüsseln.“ Auch hier wäre, so Köpp, zum Beispiel ein Piktogramm hilfreich, und das für Menschen mit Behinderung ebenso wie für jene, die nur schlecht Deutsch sprechen oder Gepflogenheiten in Deutschland (noch) nicht kennen. Oder aber für Kinder und Senioren. „Wir sehen ja schon in Kindergärten, wie gut alles mit Bildern funktioniert. Dies lässt sich einfach übertragen.“
Unterstützung für viele im normalen Alltag
Viele profitieren von barrierefreier Sprache, „man erreicht damit schon die breite Masse“, sagt Leonie Köpp. Und einfach muss nicht oberflächlich heißen. „Piktogramme etwa müssen nur gut gemacht sein. Es gilt, multimodal zu kommunizieren. Über Bilder, Sprache, akustische Signale, Gestik, es gibt so viele Möglichkeiten. Und wir sollten alle Register ziehen. Wer beispielsweise nicht gut mit Akustik umgehen kann, dem hilft dann vielleicht das Piktogramm“, sagt die Expertin. Am besten seien wenigstens drei Kommunikationskanäle wie bei modernen Ampeln: „Sie haben den Ton, den Summer als taktiles Sprachmittel und die Farbe.“
Im Sozialraum „Stadt“ schon einige mit im Boot – es dürfen mehr werden
Über die zwei Jahre haben sich schon einige Projektbeteiligte im so genannten „Sozialraum“, d.h. im gesamten Stadtgebiet mit all seinen Einrichtungen, einen Anfang gemacht: sei es die Pizzeria La Piazza mit ihrer Speisekarte, die Stadtbücherei rund um ihre Nutzungsbedingungen und Öffnungszeiten oder die Sparkasse mit Geldautomaten an der Bruchstraße. Auch für die Stadt Olsberg wurden erste Ausfüllhilfen für Grunddokumente erstellt.
Umsetzung auch im Lebens- und Arbeitsraum Josefsheim
Doch wo anfangen? „Jeder Schritt, schon der kleinste, bringt uns ein Stück voran“, sagt Janine Rottler. Schon die Vorab-Analyse zum Sokoor-Projekt hatte ergeben, dass Dokumente in leichter Sprache wichtig sind – siehe die Speisekarte. Im Josefsheim selbst erscheint sie nun digital und mit Fotos der jeweiligen Gerichte. Sie kann außerdem über die Cabitos, Infoterminals für alle im Josefsheim Wohnenden und Beschäftigten, abgerufen werden. Infos mit Piktogrammen prägen den neuen Freizeit- und Bildungskatalog, Mitarbeiter haben sie an ihren Türen – mit einem Foto und Logos für An- bzw. Abwesenheit versehen. „Wenn Piktogramme oder Symbole in Verbindung mit Sprache perfekt verwendet werden, sagen sie nahezu fast alles aus“, so Leonie Köpp. Und sie machen die Begegnung für jeden einfacher“, sagt Leonie Köpp.
Viele Dinge hat das Team im Haus Jakobus, direkt neben der Schule an der Ruhraue, ausprobiert. Hier kennen sich die drei Beraterinnen aus, hier bekamen sie unmittelbares Feedback. Und im Herbst werden auch die drei Prüfer ausgebildet sein. „Alle sind Menschen mit Behinderung. Sie prüfen und vergeben den Stempel ,Leichte Sprache‘. Und es gibt auch schon einige Verbesserungsvorschläge.“
Erste Meilensteine sind gelegt, jetzt gilt es den Weg zu barrierefreier Kommunikation weiter zu ebnen. Und hier helfen die Expertin aus der Josefsheim gGmbH, dort wo es möglich und sinnvoll ist, gerne weiter. „Wie sich das Ganze weiterentwickelt, ist eine Frage von Einstellungen. Wir müssen uns gegenseitig auf die Finger klopfen und immer wieder schauen, wo wir etwas noch besser, also einfacher, darstellen können“, so Leonie Köpp. Sie ist felsenfest überzeugt: „Am Ende hat die vereinfachte Sprache für alle einen echten Mehrwert.“
Weiterführende Informationen:
- Unterstützte Kommunikation ist im BTHG festgeschrieben und Bestandteil der Verordnung zum Barrierefreiheits-Stärkungsgesetz (BFSG), zu der es eine Europäische Richtlinie gibt. Anforderungen an die Barrierefreiheit der entsprechenden Produkte und Dienstleistungen werden hier konkretisiert, z.B. hinsichtlich der Verwendung von Leichter Sprache.
- Das Projekt Sokoor verfolgte das Ziel, vorhandene Barrieren für Menschen mit Behinderung im Bereich der Kommunikation und Orientierung im Sozialraum Olsberg abzubauen und neue Strukturen zu schaffen.
- Die Zielsetzung dieses Projektes war und ist die größtmögliche und barrierefreie Teilhabe der Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben im Sozialraum Olsberg. Dabei stehen Kommunikation und Orientierung an erster Stelle.
- Alles zu Sokoor: https://josefsheim.de/josefsheim/projekte/sokoor/
Bildbeschreibung
Barrierefreie Teilhabe im Alltag – das Josefsheim-Projekt hat in den letzten vier Jahren die Anwendung im Sozialraum Olsberg viel erreicht. Die Anwendung von Leichter Sprache erklärt dem Anwender komplexe Inhalte.
Bildrecht
© Josefsheim
Hintergrund
Sowohl das Berufsbildungswerk Bigge, das Heinrich-Sommer-Berufskolleg, die Werkstätten für behinderte Menschen in Bigge und Lipperode, die ambulanten und besonderen Wohnangebote an drei Standorten im Hochsauerlandkreis und Kreis Soest, die Heilpädagogische Kindertagesstätte Sonnenschein sowie der Franziskushof als Ausbildungs- und Werkstattbetrieb gehören zum Gesamtunternehmen Josefsheim gGmbH, den führenden Inklusions-Dienstleister in Südwestfalen für Menschen mit Körper-, Lern-, Sinnes-, psychischen, geistigen und Mehrfachbehinderungen sowie für Menschen, die kurzfristig oder dauerhaft einen besonderen Unterstützungsbedarf haben. An den Unternehmens-Standorten in Olsberg-Bigge, Lippstadt-Lipperode und Sundern werden mehr als 800 Menschen jeden Alters gefördert, ihre Chancen und Möglichkeiten zur Teilhabe und Inklusion in der Mitte der Gesellschaft zu verwirklichen. Im Mittelpunkt steht hierbei immer der einzelne Mensch mit seinen individuellen Vorstellungen und Zielen, sowohl für die Beschäftigten, Mitarbeitenden, Bewohner:innen als auch den Mitwirkungsgremien der verschiedenen Unternehmensbereiche sowie den beiden Fördervereinen in Lipperode und Bigge.
Pressekontakt:
Josefsheim gGmbH
Ulrike Becker
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